Es freut uns, Ihnen mitteilen zu können, dass unsere Publikation von nun an nicht nur die Titel in Zwei Sprachen enthalt, sondern auch die Beschreibung der publizierten Werke übersetzt sein wird. Somit wird unsere'Fachzeitschrift auch für jene Leser, welche die andere Landessprache weniger gut beherrschen, zugänglicher. Wir machen Sie bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, dass der Ordner, gültig für 3 Abonnementsjahre, wieder lieferbar ist und zwar zum Preis von Fr. 48.- (+ Porto). Dank der Unterteilungen, gemäss der Art von Konstruktion, wird das Ablegen zu einer mühelosen Aufgabe. Bitte benützen Sie die beigedegte Bestellkarte, um Ihren Auftrag zu erteilen. Besten Dank im voraus. AS Schweizer Architektur
Marie-Claude Bétrix, Architekt BSA/SIA, Zürich Manuel Pauli, Architekt BSA/SIA, Luzern Pierre Zoelly, Architekt BSA/SIA/AIA, Zollikon
Der Künstler, der Dichter, der Schöpfer des Schönen, sie alle sind dieser heroischen Fatalität des «Handelns in der Freiheit» 'ausgeliefert. (...) Es ist der Zustand des Kampfes mit der Gesellschaft, aus dem heraus diese Werke ersonnen und geschaffen wurden. F. Léger
Die statistische Analyse der Jahresregister in den internationalen Architekturzeitschriften führt zu überraschenden Feststellungen: Ganze Regionen, die früher für ihre lebendige architektonische Kultur bekannt waren, lassen diesbezüglich keine Anzeichen mehr erkennen. Man kann versuchen, diesen lokalen Verfall mit einer schlechten Übermittlung der Informationen oder einer engen Auswahl des zur Verfügung stehenden Materials durch die Redaktionen zu erklären. Diese Vermutungen überzeugen jedoch wenig gegenüber dem Einwand, dass das Phänomen die Gesamtheit der Publikationen betrifft, unabhängig von der Ausdehnung des Korrespondentennetzes und der stylistischen Ausrichtung der Verantwortlichen. Das Zusammentreffen von politischen und juristischen Verhältnissen gewisser Gebiete einerseits mit den durch Architektur und Städtebau verödeten Zonen andererseits enthüllt hingegen einen sicheren Zusammenhang zwischen Neutralisierung des Schaffens und der euphorischen Vermehrung von Normen und Regiementen, die dazu bestimmt sind, den Bau vom Anfang seines Konzepts bis ins letzte Detail vorzuschreiben. Jeder Architekt kann sich leicht selbst prüfen, was ihm erlauben wird, das Gesagte einzuschätzen und zu beurteilen, in welchem kulturellen und gesetzlichen Bereich er seinen Beruf ausübt: Er möge, seinen persönlichen Vorlieben entsprechend, ein Projekt der grössten Meister der Moderne auswählen und es in der Vorstellung allen ideologischen und formalen Massstäben einer Bauaufgabe unterwerfen. Wenn dabei eine lange Liste von strittigen Punkten entsteht, heisst das, dass ersieh in eben dem Bereich des kulturellen Verfalls befindet. Die Verfechter dieser Mondlandschaften rechtfertigen deren Ursache, den Sachzwang, durch einen heiligen Krieg gegen den verbreiteten Mangel an Talent und flüchten sich hinter gleichmacherische Argumente und die Furcht vordem juristischen Präzedenzfall, um die«artiziden»Auswirkungen ihrer Handlungen zu entschuldigen. Sie schieben die Ursache dieses Übels einer weitherum vernachlässigten Umgebung zu, wo alle Verantwortlichkeiten aufgeteilt sind und in der Gesamtheit der Gesellschaft verschwinden. Sie merken dabei nicht, dass ihre Haltung der allgemeinen Weigerung jener des wackeren Bauern gleicht, der eines Tages, nur um etwas Unkraut zu finden, seine ganze Ernte verbrannte.
Machiavellistisch gesagt, stützt sich dieser Kult des Sachzwangs auf eine Reihe von Beurteilungsgremien, die unter irreführender Verdrehung der Befugnisse des Bürgers gebildet wurden Gremien, deren Mitgliederden Idealen und der Entwicklung von Architektur und Städtebau fernestehen und im allgemeinen eher bereit sind, gegen jedes Abschweifen in die Banalität zu kämpfen, als den erzieherischen und kulturellen Beitrag von auf den ersten Blick irreführenden, doch treffenden Lösungen abzuschätzen. Indem dieses durchtriebene System die konkreten und legitimen Rechte nicht mehr gewährleistet, legalisiert es die private Repression mit Hilfe der kulturellen Ignoranz und heiligt die Macht der grossen Zahl derjenigen deren hohes Verdienst dazu führt, mit grossem Getue unbedeutende Trümmer zu retten, wobei die Zerstörung echter Meisterwerke unserer Epoche mit einem Schweigen der Zustimmung übergangen wird. Missbraucht durch ein doppeltes Akzeptieren des Wortes «Sachzwang», tolerieren schliesslich Architekten unwissentlich die Vermehrung der lähmenden Schikanen. Sie beteuern, dass indiskutable Gesetze nötig für die Fruchtbarkeit des künstlerischen Schaffens wären wie die Peitsche statt der Fliege für das Wachstum der Sau und dass sich ihre glücklichen Auswirkungen um der Vergrösserung ihrer Zahl willen vermehren würden. Sie vermischen die Tatsache des Hervorgehens von Lösungen aus der Kraft und simplen Notwendigkeit, die besonderen Merkmale des Programms aufzuzeigen-ein Thema für die bauliche Abhandlung, zu der ihr Werk wird-mit dem Pluralismus der Meinungen und der Handlungsfreiheit, die sich daraus ableitet. In der Öffentlichkeit entsteht eine zusätzliche Verwirrung, weil die Situation der Architektur bezüglich des Bauens und des Landverbrauchs verkannt wird. Mit Absicht hat man lange Zeit den transzendenten Unterschied zwischen Gebäude und Architektur, zwischen einer Ansammlung von Bauten und Städtebau verschwiegen. Diese raffinierte Verschleierung macht es möglich, die Mittelmässigkeit und Unbeholfenheit mit Argumenten der Qualität zu verkaufen, die Grundlage für Unzufriedenheit zu bilden und dem Volkszorn eine Berufselite entgegenzusetzen, die eher am Bauen teilnimmt als die wirklichen Verfasser, die den Schabernack der gebauten Umwelt vorentworfen haben. Die Verleumdungen, denen noch ein Le Corbusier anstelle der oberflächlichsten und lukrativsten Kopien seiner Projekte ausgesetzt ist, oder die negative Einstellung, mit der man die Architektur der Förderung von Kriminalität oder der Verschandelung einer Gegend bezichtigt, beweisen den Erfolg und die Tragweite dieser Verfälschung der Werte. Im Gegensatz zur Plumpheit des Gebäudes im allgemeinen ist die Architektur aus dem Alltäglichen heraus gewachsen, was ihr die Möglichkeit gibt, sich auszuzeichnen und ihren gesellschaftlichen Beitrag zu bestätigen : eine Kunst des Lebens und des Wohnens zu entwickeln, dem Objekt, ungeachtet der Platituden eines gewöhnlichen Baues, einen zusätzlichen sensorischen und kinetischen Wert sowie umfassende Wahrnehmungsmöglichkeiten zu verleihen. Es ist leicht einzusehen, dass eine solche Feststellung nicht ungestraft in einer Gesellschaft gemacht werden darf, die sich damit brüstet, geniales Talent irgendwem zuzusprechen, unabhängig von seinen Fähigkeiten und einfach aufgrund eines eingetrichterten enzyklopädischen Kursprogrammes, anstatt die intensive Übung im architektonischen Entwerfen zu verlangen. Die Architektur überzeugt wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Künsten mit den Regeln, die sie sich in der Folge der historischen, sich ständig erneuernden Entwicklung selbst auferlegt-ganz im Gegensatz zum Bestreben des Rechts, das mit seinen Sanktionen ihrer Wahrheit einen tüchtigen Schlag versetzt und einen einzigen Ausdruck, eine einzige vorgeschriebene Antwort vorsieht. Um diese Bedingung des Schaffens zu ignorieren, beschränkt das Recht jeden Versuch zur architektonischen Gestaltung der Umwelt auf verpasste Gelegenheiten, wobei es ein einziges Modell - oft dasjenige der Kuckucksuhr und der bäuerlichen Idylle -für alle Zeiten festnageln möchte. Entgegen dem Glauben unserer technischen Zivilisation geht die Architektur nicht aus einer Folge von schlechten Massnahmen hervor, die man zur Anpassung an die gesamten Normen und Regiemente auf die Vorstellung von einem Gebäude anwendet. Um das mythische Geschehen in die Schöpfung einzufügen, hat die Natur das Schnabeltier erschaffen, Vorläufer der heutigen Bauten, mit denen man sich darin schwertut, sämtliche Bedürfnisse in gleichem Masse zu befriedigen, anstatt sich zu einer Auswahl im Dienste der angestrebten Einheit des Werks und der Erfüllung seiner besonderen Bestimmung zu bekennen. Um dahin zu gelangen, wählt, bevorzugt und mässigt der Architekt, oder er beseitigt sogar gewisse lähmende Einflüsse. Er wandelt um zwischen Genormtem und Einzigartigem, zwischen Reglementiertem und Geregeltem. Er ordnet sich nicht Technik, Situation und Programm unter, vielmehr befragt er diese und bedient sich ihrer, um für sie eine existenziell neue Ordnung zu finden, eine Begründung zur Integration in einen Organismus, der sich von der Summe seiner Teile unterscheidet. Da die Öffentlichkeit von einer weitreichenden Infiszierung am meisten betroffen ist, vergisst sie die Notwendigkeit einer Präsenz
der Architektur in der gesamten gebauten Umwelt. Das Recht und die Flut von Normen erscheinen ihr als eine gigantische Gebrauchsanweisung für den Bauanfanger, eine Art Labyrinth von Eselsbrücken für jeden beliebigen. Wozu also einen teuren und überflüssigen Architekten beiziehen, wo es doch genügt, konform zu sein ? Oder schlimmer: Wozu Alternativen zum Konventionellen riskieren, wenn sie doch nur Verzögerungen und Scherereien mit sich bringen ? Und, da ja Kuckucksästhetik und Hirtenrustikalität Doktrine ist, warum die andern Bauzonen nicht durch ebensolche weisen Prinzipien aufwerten: Man verlangt nach und nach Fensterladen, Satteldächer und Lukarnen für kollektives Wohnen, für öffentliche Gebäude und sogar für Fabriken ! Der heruntergekommene Bauschaffende wird zum Ausführungsorgan für anonyme Wünsche und muss seine Tätigkeit als Verfasser aufgeben, um für ewige Zeiten die offiziellen Modelle zu kopieren, die das Resultat von alltäglichen, platten Lebensvorstellungen und -weisen sind. Wozu die Qualität des Wohnraums erhöhen, wenn der geringste Niveauunterschied eine Majestätsbeleidigung gegenüber den Behinderten darstellt, die geringste Transparenz zwischen den Stockwerken eine finanzielle Naivität und der leiseste Versuch, den Bezug nach aussen zu nuancieren, einen echten Übergriff? In den Gebieten übrigens, die architektonisch «keimfrei» sind, kann man nicht mehr mit der erzieherischen Funktion der «Massenmedien»rechnen. Das Bauen kann nur noch mit Skandalen gespickt an den Mann gebracht werden, und selten, doch wertvoll, sind die Artikel, in denen gnädigst Interesse an Beispielhaftem bekundet wird, ohne billige Behauptungen mit unkontrollierbaren Nebenwirkungen in Umlaufzu setzen. Der eine oder andere dieser Slogans erscheint immer wieder nach Belieben, je nachdem, was der Kalender der Demagogie sagt: Der Architekt suche eher den Ruhm der Ehrenplätze in den Kunstgalerien als den schweren Weg des Kämpfenden zum Baugelände. Solcher Humbug endet meistens mit der Ermahnung, diesen rein imaginativen und ästhetischen Äusserungen, deren offensichtlicher Beweis die graphische und bildliche Lesbarkeit der Zeichenbretter sei, zu misstrauen. Das Bedürfnis nach visueller Klarheit ist eine blosse Höflichkeit den Besuchern gegenüber, und Oberbordendes in einer Architekturausstellung lässt nicht zwangsläufig auf ein Versagen schliessen. Im Gegenteil, diese Beschuldigungen täuschen überden enormen gesellschaftlichen Nutzen hinweg, den ein qualitativ hochstehendes Bauwerk bringt, egal, ob man es in einem Museum oder wirklich gebaut in wahrer Grösse entdeckt. Obwohl Architektur und Städtebau, wenn sie gelungen sind, einer Elite Vorbehalten sind, stellen sie eine Herausforderung für andere soziale Schichten, für andere Programme dar. Fernerzwinge der Architekt, so diese Quartiertribunen, den Bewohnern «sein» Haus und «seine» Stadt auf, statt ihnen «ihr» Haus und «ihre» Stadt zu geben. Doch was wäre aus der Stadt, die die Römer heute «ihr» Rom nennen, geworden, und was wäre auf den Banknoten zu sehen, hätten die Architekten des Barock auf den Pöbel gehört und nicht auf ihre geistige Integrität des Schaffenden vertraut? Die Geschichte zeigt fortwährend, dass der Architekt unvermeidlich sein seelisches Abbild in seine Werke einfliessen lässt. Ihn daran zu hindern, heisst, ihn ein wenig zum Schweigen zu bringen als lästigen Zeugen einer Qualität, die sich nicht auf den Bildschirmen der «Thermovision» oder den pedantisch genau gezeichneten Aufnahmen des Vermessers aufzeichnen lässt. Die Entwicklung dieser Mentalität, die es darauf absieht, den Architekten wie ein Werkzeug zu behandeln, führt zu repressiven Methoden, wie sie noch nie dagewesen sind. Hat man denn nicht neulich einen talentierten Architekten vor Gericht gebracht, weil er das vorgeschriebene Gesims, mit dem sein Werk bloss lächerlich geworden wäre, weggelassen hatte ? Die Anekdote zeigt, dass die Zeiten ernst geworden sind, und weist auf das Schicksal hin, das uns über den Umweg von überregionalen oder übernationalen «Harmonisierungen»der Gesetzgebung in unserer Branche beschieden ist. Wie soll man auf Einsturz und Sintflut, die in der Geschichte vom Turmbau zu Babel prophezeit wurden, reagiren ? Denn zu letzterem ist die Architektur geworden, in der jeder Arbeiter für sich in seinem Jargon palavert und versucht, die Pläne für seinen Profit zurechtzubiegen. Die Ratgeber, auf die man am meisten hört, schätzen ohne zu erröten, dass man noch eine oder zwei Architektengenerationen opfern muss, bis sich eine spontane Bewegung für die Schulung der Massen gebildet hat und deren Nutzniesser die Schlüsselpositionen unserer Gesellschaft erlangt haben. Wir glauben kaum daran, weil diese Art des Missionierens die Ganzheit der schöpferischen Kräfte eines Metiers zugunsten des Primär- und Sekundärunterrichts auseinandertreibt, zu einem Zeitpunkt und an Orten, wo die guten Beispiele von Bauten seltener werden; hinzu kommt, dass man einen Stoff nicht so ohne weiteres derart anpassen kann, dass jeder Handlanger einen schwierigen Text von dreihundert Seiten mit ebensovielen Abbildungen, die mit Aufmerksamkeit und Interesse entschlüsselt werden müssen, versteht. Massnahmen müssen sofort wirksam sein. Man darf dem Verfall
der Freiheit im künstlerischen und technischen Ausdruck, eines der Menschenrechte, die der Westen zu verteidigen vorgibt, nicht mehr längerzusehen, denn, ist die Rechnung in der Architektur einmal aufgegangen, wird man mit den andern bildenden Künsten ebenso verfahren. Um dem Volk von Müssiggangern Brot und Spiele zu geben, könnte der Gesetzgeber durchaus auch die Bildhauerei, die Malerei und die Musik reglementieren und gleichzeitig öffentlichen Umfragen mit Oppositions- und Rekursrecht unterwerfen. Vereinigungen, die um die ideellen Ziele in der Architekturpraxis wirklich besorgt sind, müssen gegen diese Exzesse einschreiten und Gesetze erwirken, die für die Architektur gemacht sind und sich von den Bauregiementen unterscheiden. Sie werden die Ausschreibung von Wettbewerben fördern und neue Vorgehensweisen für Objekte anbieten müssen, bei denen diese Art von Konfrontation nicht erwünscht ist. Man wird auch überprüfen müssen, wie man zum Standpunkt der Gegenpartei gelangt, und es wird nötig sein, die Interessierten an Weiterbildungskursen teilnehmen zu lassen, mit periodischen Kontrollen, um die Missbrauche in Schranken zu halten. Schliesslich werden sich die Architekten bewusst werden müssen, dass sie aufhören sollten, wegen Winzigkeiten zu streiten vor einer Zuhörerschaft, die nicht fähig ist, abzuschätzen, ob die Vehemenz der Teilnehmer auch auf die Bedeutung des Streites schliessen lasst. Die Zukunft unseres Berufes führt über die Anerkennung des Rechts auf Toleranz und über die Unantastbarkeit unseres Schaffensraumes. Guy Collomb Architekt SIA
Beck-Erlang Herausgeber : Gisela Schultz, Frank Werner, 288 Seiten mit zahlreichen Fotos, teilweise in Farbe und Planen. - Gerd Hatje Verlag, Stuttgart 1983.
Zur Architektur von Beck-Erlang Anstatt sich widerspruchslos dem Diktat der «reinen Form», der Diktatur des rechten Winkels und dem dubiosen Postulat von der zwangsläufigen Korrelation zwischen Form und Funktion zu unterwerfen, formulierte Beck-Erlang, Jahrgang 1924, schon Anfang der fünfziger Jahre ansatzweise ein gänzlich eigenständiges architekturtheoretisches wie praktisches Instrumentarium, das sich im Lauf der folgenden Jahrzehnte auf stringente Weise vervollkommnen sollte. Er lehnt funktionalistische wie formale Zwange gleichermassen kategorisch ab. Statt dessen propagierte er, dass sich der Architekt von Fall zu Fall völlig unvoreingenommen, das heisst unter Ausklammerung aller Dogmen und Doktrinen, einer Bauaufgabe zu stellen, zu jedem Bauprogramm das «richtige Gesicht» zu finden und die inhaltliche Bestimmung jeder Bauaufgabe ikonographisch individuell zu «portraitieren» habe. Mit der pragmatischen Einbringung derartiger Forderungen gelang es Wilfried Beck-Erlang, schon in den fünfziger Jahren jene kritischen Gegenpositionen zu verdeutlichen, die eigentlich erst Ende der siebziger Jahre wieder allgemein Gehör finden sollten. Gemeint sind damit Gegenpositionen, die mit ihrer Realisation den Beweis dafür liefern, dass den verödeten, spätfunktionalistischen Architekturlandschaften durchaus innovative Konzeptionen gegenüberstanden. Dass jedoch Forderungen nach mehr «Poesie für den gebauten Alltag», nach «Verratselung von Architektur», nach «Kooperation von Kunst und Architektur» oder nach «künstlerisch-kreativer Eigenverantwortung des Architekten» in einer Zeit der zunehmenden architektonischen Normierung und formalen Verarmung zwangsläufig zur unbequemen Mahnung, zum unliebsamen Appell an das schlechte Gewissen der Architektenschaft geraten mussten, liegt auf der Hand. Mit welcher persönlichen Konsequenz Wilfried Beck-Erlang fernab jeder Popularitätshascherei bei gleichzeitig «Schule machenden», innovativen Lösungen seinen Weg als unbequemer und mitunter kämpferischer Anreger beschritten hat, zeigt das rastlose und innovationsfreüdige Potential, das in vielen Bauten Beck-Erlangs erkennbar wird, verdeutlicht aber zugleich auch eine Art subjektiver Dialektik in diesem Werk, das gekennzeichnet ist von einer latenten Rivalität zwischen «akademischem» und «kreativem» Verhalten. Beck-Erlang weigert sich auch beharrlich, das «Einmal-Erreichte» und von der öffentlichen Meinung als positiv Sanktionierte zum Massstab des weiteren architektonischen Handelns zu machen. Das Erreichte kritisch reflektierend und nicht wie etwa die europäischen Spätfunktionalisten oder Neorationalisten in endlosen typologischen Reihen variierend, wendet er sich vielmehr stets neuen Bauaufgaben und den damit verbundenen Risiken und Herausforderungen zu. Daraus lasst sich unschwer die Vermutung ableiten, dass wohl nur wenige Nachkriegsarchitekten in Europa zu finden sein dürften, deren Werk gleichermassen das gesamte Spektrum der Architektur, angefangen beim Einfachsthaus bis hin zur Projektierung ganzer Stadtanlagen, mit vergleichbarer Präzision abdeckt. Unabhängig davon, dass Wilfried Beck-Erlang als unbequemer Einzelgänger jenseits spektakulärer Moden und Ismen seinen Weg gegangen ist und wohl weiterhin auch gehen wird, hat er- und das bezogen auf die verschiedensten Gebaudetypen - häufig eigenständige architektonische Lösungen oder Lösungsprozesse propagiert, deren Initialkraft mitunter erst mit erheblicher Verspätung anerkannt und gewürdigt wurde. Beck-Erlang hat über alle Restriktionen hinweg das Ziel verfolgt, der Baukunst fern von kurzlebigen Trends zu einer neuerlichen Evolution zu verhelfen. Frank Werner Werner Blaser
Architektur und Natur Das Werk von Alfred Caldwell Mit einem Vorwort von Phylli&jLambert 1984, 160 Seiten, 50 Fotos, 25 Zeichnungen, 8 Farbtafeln, gebunden sFr. 78 —/DM 88 —, ISBN 3-7643-1524-5. Text dreisprachig : deutsch/englisch/französisch.
Diese Monographie über Alfred Caldwell, der als Erzieher und Gestalter in der USA grossen Einfluss gewonnen hat, behandelt die zentrale Beziehung zwischen Natur und Architektur. In Caldwells Arbeit wird alles in ein einheitlich geordnetes System gültiger Gestalt miteinbezogen; vom Bauwerk zum Raumgesamt, vom Haus zum Garten und bis zur umgebenden Landschaft. Natur und Architektur werden hierzu einer harmonischen Einheit. Birkhauser Verlag Basel - Boston - Stuttgart