ln der Nummer 69 der Schweizer Architekturvom September 1985 schreibt Patrick Devanthéry richtigerweise, dass einem beim Studium der Zeichnungen, die mit der Entwicklung einer architektonischen Form zu tun haben, oft der Gedanke, der dahintersteckt, deutlich wird. Das ist zwar gut, genügt aber nicht.
Die Architektur auf Papier ist oft die beste. Es versteht sich von selbst, dass ich dabei auf diejenige der Künstler und nicht auf jene der Prahlhänse anspiele.
Die Architektur auf Papier stellt häufig eine Ganzheit dar. Sie zeigt auf, wie eine absolute Sache vollständig gelöst und realisiert werden könnte. Die Architektur auf Papier vergrössert das Können bei der Suche, die auf nichts anderes als auf das, was vollständig enthalten ist, abzielt. Es ist der Traum, der die Wirklichkeit antreibt, die Darstellung eines ideellen Gebildes, das ausserhalb der menschlichen Torheit und der manchmal zweideutigen Macht des Geldes erdacht und strukturiert wurde. Die Architektur auf Papier muss uns lehren, inspirieren und mitreissen. Sie entzückt und begeistert. In der Tat, stellen wir uns eine herrliche Welt vor, die voll von verwirklichten Träumen der grossen Architekten ist ! Welche Lektionen wir in dieser sehr verschiedenartigen und faszinierenden Meisterschaft erhalten würden I Betrachten wir zum Beispiel den Platz des imposanten Bischofspalastes von Loreto (bei Ancona), dessen grossartiges Ensemble mit doppeltem, übereinandergestelltem Portikus das Werk Donato Bramantes ganz umgeben musste; den runden Graalstempel von Sulpiz Boisserée; die Gebilde von Claude-Nicolas Ledoux und Antonio Gaudi; den gebauten Dom von Regensburg; die Projekte von Filarete; die idealen Städte der italienischen Renaissance; die zentralen Grundrisse von Leonardo da Vinci; die Stadt von Campanella; die Pläne von Jesuitenkirchen von Anton Glonner; die Bühnenarchitekturen von Bibiena; die Strassen von Karlsruhe mit hohen, vertikalen Arkaden mit Hochbänken ; das Danteum von Lingeri und Terragni, um nur diese paar Modelle zu nennen. Michelangelo hat gesagt, dass die gebaute Architektur oft das ist, was von einem grossen Festessen übrigbleibt: die Brosamen. Hoffen wir, dass sie besser ist und dass es sich von heute an dank der Architektur auf Papier nicht mehr so verhält. Alberto Sartoris Alberto Sartoris. Perspective axonométrique du Centre universitaire de Turin. 1923.