Der Kanton Freiburg erlebt seit mehreren Jahren einen kontinuierlichen Bevölkerungszuwachs. So stieg die Einwohnerzahl von 253‘000 im Jahre 2005 auf über 312‘000 am Ende 2016. In zehn Jahren ist dies ein Zuwachs von fast 20%, und die Aussicht bis im Jahre 2050 spricht von zusätzlichen 150‘000 Einwohnern.
Einerseits freut sich das Finanzdepartement, anderseits bewegt uns dieser Zustand und birgt gleichzeitig eine grosse Herausforderung für das Hochbauamt.
Grosse Projekte, welche die Bedürfnisse einer wachsenden Bevölkerung befriedigen, wurden aufgegleist. Dies sind Hochschulen, Universitäten, Bibliotheken, Museen, Polizeizentralen, Gefängnisse, Technoparks, neue Stadtquartiere, um nur einen kleinen Teil der neuen Projekte zu nennen. Zudem besitzen wir ausser den wichtigen kantonalen Wahrzeichen wie Schlösser, Kirchen und Kathedrale, auch noch eine Menge von Liegenschaften im Portfolio, die nachhaltig instandgehalten werden müssen.
Nachhaltigkeit bedeutet für uns, langfristig nutzbare Gebäude von hoher architektonischer Qualität zu erstellen. Dies unter Berücksichtigung der wertvollen Ressourcen und des steigenden Energiebedarfs, welche stets im Einklang bleiben sollten.
So werden wir uns in der Zukunft nicht mehr einzig mit energiesparenden Gebäuden begnügen, sondern Projekte in Angriff nehmen, die einen Schritt weiter gehen, wie z.B. solche mit einem positiven Energiewert, sogenannten Plusenergiegebäuden. (siehe Beispiel und Bild vom Umbau Flumroc in Flums / www.Flumroc.ch)
Diese sollten aber auch noch die wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte im Fokus halten. Diese Eigenschaften unter einem Hut zu bringen ist eine grosse Herausforderung. Die politische klare Absicht hilft uns diese Ziele zu realisieren.
Der Kanton Freiburg ist Mitglied des ECO-Bau-Vereins und wird im nächsten Jahr die Mitgliedschaft beim Verein NNBS (Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz) aufnehmen. Der neue Standard für nachhaltiges Bauen in der Schweiz (SNBS) soll zuerst bei den neuen Projekten getestet werden. Der Standard bleibt in Entwicklung und wir werden sukzessive weitere Typologien von Gebäuden überprüfen.
Wir sind überzeugt, dass sich dieses Instrument dynamischer als die bekannten Labels (Minergie P/A) in die Entwicklung-, Projekt- und Ausführungsphase integrieren lässt. Ohne das eine zu vernachlässigen, denn die Minergie-Labels sind im Energiegesetzt verankert, werden wir auch neue Wege der nachhaltigen Entwicklung angehen. Der SNBS setzt sich nicht nur mit der Energie-Thematik auseinander, sondern überprüft und bewertet auch Faktoren wie Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt im gemeinsamen Kontext. Interessant ist, dass dieses Instrument nicht nur für neue Projekte, sondern auch für bestehende Bauten (Freiburg besitzt ca. 673 Liegenschaften) in Anwendung gebracht werden kann, und da haben wir ein enormes Potential.
Es stellt sich oft die Frage, wie sich die nachhaltige Entwicklung auch in das öffentliche Beschaffungswesen integrieren lässt, denn in der Gesetzgebung (IVöB / AIMP) konnten bislang die Kriterien der Distanz zwischen Produktion und Realisierung oder der grauen Energie sowie weiteren nachhaltigen Kriterien noch nicht fixiert werden. Das heisst für uns, dass die Umsetzung unserer Ziele über die Planung erfolgen muss.
Schon früh müssen wir die Leitplanken aufzeigen, die dann bei der Ausschreibung klar definieren, welche Produkte oder Materialien zur Anwendung gebracht werden sollen. Die Unternehmer ihrerseits können vorbeugend handeln und dafür sorgen, dass Ihre Produkte bei ECO-Bau ins Inventar genommen werden.
Ein weiterer Faktor ist die Integrierung der nachhaltigen Entwicklung auf städtebaulicher Ebene. Hier wird wichtig, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Behörden, Architekten und Planer stadtfindet. Ein kontinuierlicher Dialog ermöglicht die Erstellung von attraktiven Lebensräumen und schafft eine höhere Lebensqualität auch im Herzen der Stadt. Jüngere und ältere Leute werden sich bald mit neuen Wohnformen auseinandersetzen. Die Mobilität wird dementsprechend angepasst und die Benutzung von öffentlichen oder umweltfreundlichen Verkehrsmitteln erreicht dann einen höheren Stellenwert im alltäglichen Leben.
Bei den angestrebten Zielen der Energiewende 2050 spricht man auch von den 3 D:
• Dekarbonisierung (niedriger Umsatz von Kohlenstoff) z.B. durch intelligente Gebäudesteuerung.
• Dezentralisierung der Energieproduktion. Jede Gemeinde und Quartier wird zum Energieproduzenten vernetzt.
• Digitalisierung (BIM, Building Information Modeling) und Optimierung der Gebäudetechnik schon in der frühen Planung. Diese Ziele werden uns in den nächsten Jahren als Leitmotiv dienen.
Die Anpassung ist unumgänglich, denn es erwarten uns viele Veränderungen und spannende Aufgaben in den nächsten Jahren.
Gian Carlo Chiovè, Kantonsarchitekt