EDITO

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Mein lieber Freund –

Pierre FORETAY, mein Lehrer, hat uns verlassen. Jeder von uns hat – oder wird – denen, die uns in die Architektur eingeführt haben, einmal Adieu sagen müssen.

Pierre FORETAY hat mir so viel gegeben. Nach dem Absolvieren meines ersten Jahres erwartete er uns, um Individuen aus uns zu machen und uns bis ins vierte Jahr zu begleiten, wo wir von Hans BRECHBÜHLER übernommen wurden.

Die Studenten und –innen aus dieser Zeit waren entweder „FAVRE-“ oder „FORETAY-“ Schüler, denn alle zwei Jahre übernahm abwechselnd einer der beiden Komplizen die Erstjährigen. Wir waren dabei schon als „versteht etwas“ oder „versteht nichts“ katalogisiert worden, ohne dass der Lehrer seine Verantwortung übernommen und uns dem Verständnis nahegebracht hätte!

Es war also Pierre FORETAY, bei dem ich mich aufgebaut habe, indem ich lernte, mir gleichzeitig Raumgefüge und ihre konstruktive Lösung vorzustellen. Die Projekte, bei denen wir dieses übten, hat er erfunden, um genau diese Aufgabe klar herauszustellen.Unverzichtbar, unvergessbar.

Dasjenige, aus dem dann mit Jean-Marc LAMUNIÈRE die Theorie der Architektur wurde – Pierre FORETAY hatte es schon vorweggenommen in seinen raren Vorlesungen, die auf diese Weise den ihnen zustehenden Wert bekamen.

Pierre FORETAY hat nur wenig selbst gebaut. Das ist unwichtig. Bei allen seinen eigenen Bauten hat er uns dazu gebracht, „den Raum und seine strukturelle Konzeption“ mitzudenken. Wie ein Goldschmied hat er uns, oben über der Sache stehend, dabei geleitet, mit Ruhe und ohne Dramatik.

Was ich bei ihm gelernt habe, was er mir in den langen Jahren als sein Assistent gab, war, alles mit kritischen Augen zu sehen, wobei ich ohne Zweifel noch das lernte, was mir später selbst als Lehrer wichtig war.

Mein lieber Freund, vergiss nicht das, was Du Pierre FORETAY auch noch nebenbei verdankst: die Nomination an unserer EPUL / EPFL von Jean-Marc LAMUNIÈRE, dem es endlich gelang, die Forschung auf das Programm zu setzen und damit die Theorie zu bereichern. Die Theorie der Architektur.

Nichts von alledem, das wir Pierre FORETAY verdanken, kann ohne das Labor auskommen, in dem der Lehrer oder die Lehrerin sich beim Entwerfen erfindet. Indem er selbst entwirft und nicht das, was er oder sie schon einmal gehört oder bei den anderen bei ihrer Entwurfsarbeit beobachtet hat, weitergibt.

Pierre FORETAY war das lebende Beispiel dafür, wie man das Können und das Denkenkönnen weitergibt, indem er es ihnen am Beispiel zeigt. Ich grüsse Dich, mein lieber Freund. Vergiss nicht: dort wo er jetzt ist, lebt er weiter bei allen, die ihn gekannt hatten.

Vincent Mangeat

Auszug meiner noch unvollendeten Briefsammlung Epistolaire d'Architecture.

Kopie: an seine Familie; an den Architekten Eric Kempf, seinen Assistenten (er kommt in alledem vor); an Blaise Junod (Pierre Foretay war so klug, ihn lange bei sich zu behalten, damit er ihm assistierte, indem er uns assistierte...)