Kunst der Mäeutik ausüben und gleichzeitig ein Lebensideal vertreten, alles in allem die soziale Dimension der Architektur zur Geltung bringen. Sind wir als Frauen dem Wesentlichen des Daseins näher oder einfach durch Erziehung oder gesellschaftliche Tradition wenigeren das Vereinsleben gebunden, weniger in die Gebräuche des Parteilebens verwickelt, also unabhängiger ? Eine solche Verfügbarkeit wäre ein beneidenswerter und respekteinflössender Trumpf. Das unabhängige Ausüben meines Berufes hat ohne Zweifel stark mitgeholfen, mein Engagement zu entwickeln und zu vertiefen. Meinen Organisationssinn hingegen konnte ich während der zwei Jahre im Vorsitz des Genfer SIA, beim Erfüllen meiner beruflichen Verpflichtungen sowie bei der Bewältigung meiner familiären Verantwortung prüfen. Architektin sein heisst «anders »Architekt sein, aber a priori ist dies nicht schwieriger, als sein Leben zwischen den Anforderungen des Berufes einer Advokatin, einer Dolmetscherin, einer Chemikerin oder einer Chirurgin und denen des Familienlebens aufzuteilen. Was lässt sich daraus schliessen ? Dass die Frau bis heute nicht bereit war, die Erziehung ihrer Kinder und den Flaushalt ihren beruflichen Aktivitäten zu opfern ? Dass ihre Werthierarchie anders als die der Männer ist und dass die Karriere um jeden Preis sie nicht interessiert? Dass ihr Schöpfungstrieb durch das Geben von Leben bei weitem befriedigt wird, dass sie somit nicht das männliche Bedürfnis verspürt, ihren Durchgang auf dieser Welt mit einer sichtbaren Spur zu versehen ? Wenn aber die Entwicklung wie bisher weitergeht und die Frauen sich immer mehr der Architektur annehmen, werden wir vielleicht bald eine Umkehrung der traditionellen Schemen, denen der Mann zwangsläufig verpflichtet ist, erleben. Arlette Ortis, SIA
Es lebe die Architektin... Das ist unser Wunsch ! Es stimmt, nichts und niemand hindert eine junge Frau daran, Architektur zu studieren. Junge Frauen und Männer erhalten die gleiche Ausbildung, wenn sie die Bänke der Universitäten und technischen Flochschulen drücken, wo beide ungefähr gleich stark vertreten sind (40% Studentinnen). Nichts, so scheint es, steht einem Mädchen bei der Ausführung des Berufes, den es, sowie ein Junge, erlernt hat, im Weg. Aber hier hört das Spiel erstaunlicherweise auf zu funktionieren,die Maschine ist verschnupft - denn nur 4% der schweizerischen Architekten sind Frauen ! Muss man sich wieder an die Zäune ketten oder vor die Pferde werfen, wie es die Frauenrechtlerinnen am Anfang des Jahrhunderts gemacht haben ? Muss das Recht, Architektin zu sein, gefordert werden ? Ist es so schwierig, es zu bleiben ? Trotz des Risikos, für eine falsche Verbündete gehalten zu werden, möchte ich mit nein antworten. Ich habe mich für die Vertiefung in einen der verschiedenen Aspekte unserer Kunst entschieden; nämlich den Städtebau. Des öfteren kann ich so meine technischen und wissenschaftlichen Erfahrungen und Kenntnisse in den Dienst der Gemeinschaften stellen, mit Personengruppen aus allen Schichten diskutieren, die