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Elf Jahre sind vergangen seit dem ersten Experiment, das zu einer soliden Wirklichkeit wurde: dem Farm Cultural Park, der Favara zu einem pluralistischen Ort voller Lebens machte. Andrea Bartoli und Florinda Saieva und eine breite Gruppe von Neuerern haben Ruinen in ein unabhängiges Kulturzentrum verwandelt: eine Architekturschule, eine internationale Biennale zum Thema Stadt und den Schauplatz eines Architekturfestivals. Dieser Zündfunke gab vielen Städten den Mut zu Unternehmungen, und es entstanden auf Sizilien hunderte von kulturellen Experimenten, sozialen Visionen und atypischen unternehmerischen Bravourstücken. Alle beweisen uns überzeugend, dass die Zeit der Entwicklung über Hilfsprogramme, die der kurzen Strohfeuer vorbei ist, und dass es ein neues Muster zur Entwicklung braucht, das auf kulturellem, sozialem und territorialem Kapital beruht und dazu der kreativen Kraft einer neuen Generation an menschlichem Kapital.
In diesem Sinne betrachten wir, zusammen mit Mario Cucinella und anderen Designern, das Zukunftspotenzial von Belìce, dem Gebiet südlich von Palermo, anhand des Beispiels von Gibellina, dem unvollendeten Theater von Pietro Consagra. Kraftvoll und verlassen steht es da, ein stummer Zeuge eines gescheiterten Experiments, aber auch als eine kraftvolle Stimme der Rückkehr einer Gemeinschaft, die auf den Trümmern eines Erdbebens geboren wurde und aufwuchs mit der Energie, die aus Architektur und zeitgenössischer Kunst entstanden sind.
53 Jahre ist es her, seit in der tragischen Nacht des 14. Januar 1968 ein Erdbeben Menschen, ihre Häuser und damit ihre Hoffnungen verschüttete. Das Erdbeben öffnete dem italienischen Staat die Augen: es gab unterentwickelte Regionen im Inneren Siziliens. Aber die Antwort darauf war nur eine Folge von Theorien und Schemen, eine «Nicht-Entwicklung», ohne die Bewohner zu befragen. Ein kraftprotzender und oberflächlicher Wiederaufbau; man baute Quartiere, die oft nur Schweigen ausdrückten – unbewohnte Gebilde.
Zum Glück gibt es heute in Belìce eine andere Art Gegenwart, die nicht nur aus einer schmerzvollen Vergangenheit besteht, sondern ein Territorium, das nach Gemeinschaft ruft, voller Talente und voller intensiver Fragestellungen, aus denen Projekten werden wollen. Ein Archipel bestehend aus 14 Städten, die gegen eine der höchsten Arbeitslosenraten Italiens zu kämpfen haben. Mit einer abnehmenden und alternden Bevölkerung, aber gleichzeitig einem Territorium reich an qualitativ hochstehender Landwirtschaft, einem Weinbau, der Auszeichnungen gewinnt, mit einem verlassenen wertvollen architektonischen Erbe, das nach neuen Aufgaben verlangt. Dazu kommt eine Anzahl Beispiele neuer Architektur, für die eine neue Bestimmung gefunden werden muss.
ENTWURF DES BÜROS AM3 FÜR DAS UNVOLLENDETE THEATER VON PIETRO CONSAGRA
Im Blick auf diese Ausgangslage habe ich mit meinem Forscherteam von der Universität Palermo (Barbara Lino et Federica Scaffidi) das strategische Projekt erarbeitet, das im italienischen Pavillon der Architektur-Biennale 2018 zu sehen war. Der Kurator war Mario Cucinella.Er hat die politischen und kulturellen Kämpfe der 1960er Jahre in das Projekt integriert, um diesem vernachlässigten Territorium eine Zukunftsvision aufzuzeigen mit einem hochstehenden Agrarsektor, Gegenwartskunst und -architektur, digitalen Projekten, mittelalterlichen Schlössern und Dörfern, einer hochentwickelten Museografie, Weinberglandschaften und Kellereien. Eine polyzentrische vernetzte Strategie mit drei Schwerpunkten, die die spezifischen Talente und Potenziale miteinander kombinieren, wobei die drei Epizentren herausgestellt werden: Landwirtschaft und Modernisierung der Betriebe (Gibellina und Partanna), Dorfentwicklung und Agro-Tourismusl (Menfi und Sambuca), Architekturerbe und Kreativität (Salemi und das alte Poggioreale). Ein wirklichkeitsnahes Szenario, dargestellt durch das kraftvolle und visionäre Projekt der Wiederbelebung des unvollendeten Theaters von Pietre Consagra, bearbeitet von Studio AM3 (Marco Alesi, Alberto Cusumano, Cristina Calì, beraten von Peppe Zummo, Vincenzo Messina, Massimo Alvisi, Land und Antonella Agnoli), die einen «territorialen Workshop“ vorschlagen mit Bildung, Forschung und Aktion im Rahmen eines umfassenden Entwicklungsprozesses für eine Stadtregion von 80'000 Einwohnern.
Wenn Sizilien ein Territorium der Neuerung sein will, kann es sich mit zahlreichen Experimenten begnügen. Es muss durch ganzheitliches Handeln dessen Reichweite und Wirkung steigern. Wichtig ist sich bewusst zu sein, dass es um ein Ökosystem geht (und nicht um die Ausstellung einer Handvoll aussergewöhnlich begabter Solisten), um eine neue Strategie der Zusammenarbeit zwischen privaten und öffentlichen Akteuren, und um eine neuartige Art des Vorgehens, das mit erstarrten Mustern und trägem Handeln aufräumt, die uns bisher gebremst haben.
Den sizilianischen Neuerern sage ich: seid ethisch einwandfrei und ketzerisch, erdnah und aufbauwillig, visionär und pragmatisch, Designer und Handwerker. Aber vor allem, seid eine neue Gegenwart und nicht eine geträumte Zukunft.
Prof. Maurizio Carta
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