Anziehungskraft unserer heute verkehrsgeplagten Stadt, wenn die Umfahrung funktioniert, das Parkierungsproblem gelöst-sein wird und die verkehrsbefreiten Gassen und Platze ihre ganze Schönheit entfalten dürfen. Markus Grob, dipl. Arch. SIA/BSP Stadtbaumeister Aarau
Gedanken zur «Altstadtsanierung» Die Grundstruktur der Altstadthäuser stammt in der Regel aus der Bauzeit, ist also 300 bis 500 Jahre alt. In der Folge sind die meisten Bauten mehr oder weniger verändert worden. Heute wird saniert. Das hiesse eigentlich «wieder gesund machen». Bauherrenwünsche und Bauordnungen verlangen oft Massnahmen, welche solche Altbauten eher krank als gesund machen. Was ist schon Gesundes an einem Neubau, der noch eine alte Fassade als Maske trägt, aber sonst kaum etwas gemein hat mit seinem ursprünglichen Vorgänger? Statt «Sanierung» wäre wohl besser die «Wiederbelebung» als Ziel zu nennen. Eine Wiederbelebung setzt voraus, dass der Organismus zunächst erkannt wird. Welche Teile sind kranke Wucherungen ünd unpassende Prothesen? Was ist es wert, erhalten zu werden? Was ist es wert, ersetzt zu werden? Wer sich liebevoll um das Erhalten kümmert, gerät bald, einmal in die Versuchung zur Nachahmung. Im Extremfall gleichen dann die Produkte einem Wachsfigurenkabinett: Gekonnt nachgemacht, aber tot. Altstadt lebendig erneuern heisst deshalb zum vorneherein auch verzichten. Nicht auf vernünftige sanitäre Einrichtungen und massvolle feuerpolizeiliche und schalltechnisöhe Massnahmen. Aber sicher auf gewalttätige Umkrempelung der Tragstruktur, vielleicht auch auf den Aufzug oder auf eine maximale kommerzielle Ausnützung Verzicht ist auch erwünscht in der Materialwahl: Natürliche Baustoffe wie Holz, Tonprodukte, Naturstein, Naturfasern und Kalkverputze sind immer kooperativer als Kunststoffe und Metalle. Eine gut erhaltene sichtbare Balkenlage, die nur noch Verkleidung ist, weil darüber eine neue Massivdecke erstellt wurde, wird dann zur Maskerade verurteilt. Beim publizierten Umbau des Hauses an der Rathausgasse, dass im Volksmund wegen seiner Grundrissform «Schmales Handtuch» hiess, versuchten wir alle Tragstrukturen (Bruchsteinmauern, Balkendecken, Dachkonstruktionen) zu erhalten. Eine einzige Zwischendecke musste durch eine Massivdecke ersetzt werden, weil Raumhöhe und Niveaudifferenzen untragbar geworden wären. Einzelne. Holzkonstruktionen und Balkenlagen mussten verstärkt werden, damit sie den schalldämmenden Estrich aufnehmen konnten. Wandverputze sind durchwegs als gestrichene einschichtige Kalkverputze ausgeführt. Decken- und Wandmalereien aus dem 1 7. Jahrhundert konnten restauriert werden. Die Erneuerung von alten Teilen der Altstadt gehört zu den dankbaren Aufgaben eines Architekten, sofern die Auftraggeber Verständnis für das «Wiederbeleben» haben. Neubauten in der Altstadt gehören dafür zu den interessantesten Arbeiten. Nur dankbar sind sie meistens nicht, eher dornen- und risikoreich. Die Geschichte der Neubauprojektierung auf dem Färberplatz ist ein Beispiel dafür. ■ Gotthold Hertig Architekt SIA Aarau
Sehr geehrter Herr Krafft Zum Thema « Umbau» möchten Sie von mir «theoretische» Aussagen haben. Nun schreibe ich Ihnen diesen Brief und will versuchen, ein paar Gedanken zu notieren, von denen ich mich bei den Eingriffen am Haus im Altenberg leiten liess. Bei der Bestandesaufnahme stellten wir fest, dass der Dachstuhl, eine streng geformte Zimmermannskonstruktion aus dem 1 7. Jahrhundert, der am besten erhaltene Gebäudeteil war. Er überspannt, eineinhalb Geschosse hoch, eine Bodenflache von 6 m x 12m und lagert auf den traufseitigen Riegwänden des Obergeschosses. Die Innenwände, womit das Rieghaus über dem massiven Sockelgeschoss in drei senkrecht zur Firstrichtung liegende Zonen gegliedert war, hatten keine Tragfunktion. Auf der Südseite, dem Strassenraum zugewandt, weist das Dach die «Ründi», ein typisches Merkmal bernischer Baukultur, auf. Ein Sgraffito - vermutlich bei einer Renovation im letzten Jahrhundert aufgezogen — schmückt mit bukolischen Motiven die Strassenfront des Hauses. ti