INTERVIEW FREDERIC KRAFFT-GLORIA
Federico Babina ist Architekt und Grafikdesigner. Seit 2007 lebt und arbeitet der gebürtige Italiener in Barcelona. Zum Anlass der Veröffentlichung seiner Werke haben wir ihm einige Fragen zu seinen Arbeiten und seiner Meinung zur Architektur gestellt.
Welchen persönlichen Bezug haben Sie zur Architektur?
Ich bin zum einen leidenschaftlicher Architekt, der gerne illustriert und zum anderen leidenschaftlicher Zeichner mit dem Interesse für die Architektur. Ein Architekt sollte ein guter Zeichner sein, denn die Zeichnung gibt einer Idee unmittelbar Form. So erlaubt die Zeichnung an Ideen zu feilen, sie zu konkretisieren und diese gar zu verändern. Ich bin mit Märchenzeichnungen und später mit Komikzeichnungen aufgewachsen. Mit der Architekturzeichnung bin ich gereift. Illustrieren ist Teil meiner Fantasie und Seelenwelt. Es macht mir Freude, eine Architektur in eine Zeichnung zu verwandeln und andersrum.
Weshalb haben Sie die Grafik als künstlerische Ausdrucksform gewählt und nicht etwa die Malerei oder Fotografie?
Jede Ausdrucksform ist interessant, da sie erlaubt jegliche Facette seiner Persönlichkeit darzustellen und diese gewissermaßen zu prägen. Ich fotografiere und male ebenso gerne wie ich zeichne. Ich finde, dass in jedem von uns eine gewisse expressive Kohärenz steckt, unabhängig vom künstlerischen Mittel. Meine Arbeitsweise unterscheidet sich nicht wirklich je nach Medium. Ich finde Analogien, Affinitäten und zahlreiche Zusammenhänge zwischen diesen Ausdrucksformen. Ob es sich hier um eine Illustration, ein Designobjekt oder einen Architekturbau handelt, ähnelt sich mein kreativer Prozess keineswegs. In meinen Werken vereinen sich die Disziplin der Architektur, die Freiheit der Malerei, der Rhythmus der Musik, die Zeit der Fotografie, und die Magie des Kinos. Ich versuche Sprachen zu mischen, die zwar offensichtlich heterogen sind, und dennoch
Mit welcher Technik oder welchen Techniken arbeiten Sie?
In meinen Illustrationen verwende ich immer einen Mix aus verschiedenen Techniken - per Hand wie auch digital und manchmal mit eine 3D-Modeling Programm. Mit dieser Mischung kreiere ich die gewünschte Atmosphäre und entwerfe ein interessantes Fundament für meine Zeichnungen. Jede Technik dient als außerst nützliches Arbeitsinstrument. Ich mixe gerne verschiedene Methoden um das grafische Muster zu erstellen und jedes Mal ein wertvolleres Ergebnis zu erzielen.
Was inspiriert sie an meisten für Ihre graphische Arbeit ?
Die Suche nach Inspirationen und Ideen gehört zu meiner täglichen Arbeit und ist eine Konstante in meinem Leben. Als suche man einen Ort ohne den Weg dorthin zu kennen. Manchmal ist dieser Pfad sehr leicht zu finden, und manchmal verläuft man sich auf dem Weg. Wichtig ist das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Ich habe keine konkreten ästhetischen Bezugspunkte. Ich schöpfe meine Inspiration aus der Natur, der Kunst, Grafik und Architektur ebenso wie aus Karikatur- und Komikzeichnungen, der Werbung und Musik. Meiner Meinung nach birgt sich die Architektur in einem parallelem Universum und in diesem Punkt hilft mir die Illustration alternative Sprachen zu erforschen. Die Architektur spielt dabei meistens die Hauptrolle, denn ich suche in ihr mögliche und unmögliche Verbindungen mit anderen Welten, anderen Dimensionen und „sensiblen Orten“.
In meinen Bildern versuche ich einen imaginären Dialog zwischen verschiedenen Disziplinen herzustellen. Das ist manchmal schwerer als gedacht, einen heterogenen und fantasievollen Faden, der die Architektur mit anderen Welten in einem bildhaften „Unikum“ verbindet, zu finden und darzustellen, damit die Architektur für Außenstehende, der Architektur fremden Personen, verständlich wird.
Mit welchen Kriterien wählen Sie ein Bauwerk oder einen Architekten für Ihre Zeichnung aus?
Ich suche zuerst nach einem Ansatzpunkt, um einer Idee Form und Gewicht zu verleihen. Manchmal kommt mir dieser Idee vor, als sei sie von einer Schwungkraft getrieben auch wenn diese ab und an eine überraschende Kehrtwende macht und überraschende Richtungen einschlägt. Alle Bauten und Architekten haben mein Leben in irgendeiner Weise durchquert. So rufen manche Bauten oder Architekten sogar negative Emotionen bei mir hervor. Allerdings halten sich Städte und Länder gemeinsam in einem instabilen Gefüge aufrecht. Es ist mir wichtig diese Dualität des Guten und Nicht-Guten festzuhalten.
Haben Sie alle Bauten, die Sie in Ihren Zeichnungen rekonstruieren bereits besucht oder arbeiten Sie mithilfe von Abbildungen?Ich habe nicht alle Gebäude besichtigt, aber viele. Darunter haben sich selbstverständlich ein paar besonders in meinem Gedächtnis verankert. Eine Jugendliebe vergisst man nie. Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen Gefühlsrausch als ich Bauten, die ich tagelang in meinen Buchern studierte, endlich auf meinen Studienreisen zu sehen bekam. Das Maison La Roche, das Eames-Haus, Taliesin West sowie das Schröder-Haus sind nur einige der Werke, die etwas in mir bewegt haben, Architektur neu zu erleben.
Was stellt Le Corbusier für Sie dar?
Le Corbusier ist einer dieser Personen, die aus der Zukunft zu kommen scheinen. Ein Visionär, der seiner Zeit voraus war und fähig war sein Zeitalter zu leben und das nächste zu erträumen und zu erraten.
Le Corbusier hat die versteckte Harmonie mathematisch proportionaler Zusammenhänge aufgedeckt. Er ist der Vertreter einer neuen Ästhetik sowie der Idee einer aus einer Synthese von visuellen, plastischen und akustischen Elementen geschaffenen Kunst. Der Purismus strebt die Kunst plastischer Konstanten an, welche mit alten Konventionen bricht. Le Corbusier war einer der Ersten, die den Wert einer Sache der Intelligenz des Projekts – also der Funktion – unterordneten und nicht etwa nach dem Status, welches das Objekt innehalt, strebten.
Kann man davon ausgehen, dass die Schweiz eine eigene Identität besitzt?
Folgt die Schweizer und Europäische Architektur einem gewissen Trend? Die Schweizer Architektur verkörpert ein bedeutendes Fundament der europäischen und weltweiten Architekturgeschichte. Ich finde, dass die architektonische Identität Europäischer Länder in den letzten Jahren verblasst ist und heute eher von einer globalen Architektur die Rede ist. Dieser Prozess folgt dem allgemeinen Phänomen der Globalisierung. Auch die Architektur kann sich dieser Dynamik nicht entziehen.
Ich glaube allerdings mehr an die Person hinter der Architektur als an ein konkretes Land. Architektur ist Mensch. Sie ist von Menschen für Menschen gemacht. Sie verändert sich mit der Gesellschaft und schafft es in manchen Fällen sogar die Gesellschaft zu verändern. Die größte Herausforderung der Architektur ist unser Leben zu verbessern. Wir erleben und atmen Architektur täglich. Ich erfreue mich an der Architektur, wenn es Ihr gelingt mich zu überraschen und unerwartete Emotionen in mir zu erregen. Sie sollte fähig sein etwas auszudrücken, mit Menschen zu kommunizieren und vor allem dem Mensch zuzuhören. Ich liebe die Stille der Architektur.
Zum Abschluss, ein Architekt? Ein Künstler? Ein Musiker? Ein Film?
Ich kategorisiere nicht so gerne. Das hängt ganz von der Epoche und dem Moment ab. Um allerdings ein paar Beispiele zu nennen, gefallen mir sehr Brunelleschi, Le Corbusier und Big architect, Michelangelo, Picasso und Bill Viola, Bach, Coltrane und Radiohead, Fellini, Kieslowski und Aronofsky.