Die komplexe Architektur wird «vom Ort gemacht» und enthält in sich selbst die Erinnerung an ein Thema. Die Orte, die die Architektur prägen, sind einerseits das Ergebnis von tausend Projekten, die aus dem Bauen auf dem Gelände und der Architektur der Stadt hervorgehen. Andererseits setzen sich die tausend Experimente zum Thema für eine gewisse Zeit in einer bestimmten Kultur fest, und zwar in der Art der Gruppierung und Verteilung der Räume. Das nennt man den Typ. Bei einem Thema wird oft eine «ideale» Organisation herangezogen, deren Merkmale von einer Typologie abhängen. Die Erinnerung an den Ort und die Erinnerung an das Thema weisen darauf hin, worum es bei der Projektierung der Schule von Tannay (VD) ging. Trotzdem widerspricht dieses deduktive Vorgehen nicht der Tatsache, dass die Architektur gleichzeitig durch das «Machen des Ortes» eine induktive Wirkung hat. Das Programm enthält eine einfache Gruppierung von vier Klassenzimmern und einem Lehrerzimmer, ergänzt durch diverse Nebenräume. Ein gedeckter Pausenhof schützt bei Regen den zur Erholung dienenden Aussenbereich. Das Thema hat die Komplexität einer Schule. Ein ruhiger und geschützter Ort, wo durch Wissen das Leben der Menschen erdacht wird. Ein Merkmal an der Situation schliesslich ist der prächtige Schlosspark, der zum Genferseebecken hin eine weite Öffnung aufweist. Ein einfaches und klares Programm, ein reiches und komplexes Thema, ein bebautes Gelände. Die dicke, das Gebäude umfassende Mauer am westlichen Rand des Schlossparks von Tannay soll dem zufällig wirkenden Ende des Grundstücks eine harte und schützende Begrenzung entgegensetzen. Der Bezug zwischen hinten und vorn, oben und unten wird im mauerförmigen Teil mit den vertikalen und horizontalen Erschliessungen sowie den Nebenräumen aufgenommen. Die vier Klassenzimmer liegen in zwei Gruppen je übereinander und werden diagonal durch den mit einem Glasdach gedeckten Pausenhof verbunden. Das Gebäude entwickelt sich in einer Art Crescendo von hinten nach vorn, vom stark geschlossenen zum weit geöffneten Teil und über den Park zur ganzen Landschaft hin. Die Orientierung richtet sich nach dem Gelände. Sie könnte in bezug auf die Hauptrichtungen als etwas ungünstig erscheinen. Zur Lösung dieses Problems und zur Ermöglichung einer Besonnung, die der Schule und ihrer Tradition gerecht wird, habe ich mit dem Konzept der Mehrseitigkeit des Lichtes gearbeitet. Diesbezüglich hat A. Roth geschrieben IDas Neue Schulhaus), dass es für die «Modernen», unabhängig von Untersuchungen über die Zweiseitigkeit, den idealen Zustand darstellt. Daher wurde auf drei Seiten der Klassenzimmer ein zweigeschossiger Lichtschacht angeordnet. Ein Lichtstrahl dringt ein und berührt die Aussenseite der Unterrichtsräume auf der ganzen Gebäudehöhe. Die Sonne zeigt dort ihre Bahn. Eine breite verglaste Öffnung auf der vierten Seite gibt den Rahmen zur Aussicht auf den Park und den See. Bezüglich des Schultyps kann man die gewählte Erschliessungsart feststellen, doch möchte ich auf den noch interessanteren gedeckten Pausenhof hinweisen, eine Art geschützter Hof in einer interpretierten und neu erdachten Form mit einer Raumdefinition, die sich aus der Art der Gruppierung der Klassenzimmer ergibt. Der mit einem Glasdach gedeckte Pausenhof scheint mir durch das Glas und das Licht, das ihn erfüllt, gleichzeitig die Reverenz an den Park, zu dem hin er sich öffnet und der ihn verlängert, zu erweisen, womit etwas zum Typ Gehörendes vielleicht in eine neue Form gebracht wird.